Ein Frühling in den 1960er Jahren. Damals leistete ich in der Demilitarisierten Zone (DMZ) meinen Wehrdienst. Gelegentlich machte ich mich auf den Weg zum menschenleeren Flussufer in der Nähe und verlor mich in den Anblick der strahlend schönen Landschaft. Der Rand der Klippe war von rosafarbenen Azaleen in voller Blüte bedeckt, am Flussufer, wo in Vorkriegszeiten ein Dorf gelegen hatte, wucherte Unkraut die rechteckige Mauer entlang, hier und da standen Pfirsich- und Aprikosenbäume in voller Blütenpracht. Der junge Soldat von damals, der noch studierte, hat längst den Herbst seines Lebens erreicht, aber Nord und Süd sind immer noch geteilt und stehen einander feindlich gegenüber, während am stillen Flussufer im Jahresreigen nach wie vor Blumen blühen und Früchte reifen.
ⓒ Park Jong-woo
Gemäß dem Waffenstillstandsabkommen, das am 27. Juli 1953, drei Jahre nach Ausbruch des Koreakrieges, abgeschlossen wurde, zogen die beiden Seiten eine Militärische Demarkationslinie (MDL), die sich über eine Länge von rund 240 km von Osten nach Westen erstreckt und die Koreanische Halbinsel durchschneidet. Zwei Kilometer hüben und drüben dieser Linie wurde eine Pufferzone eingerichtet, um weitere bewaffnete Konflikte zu vermeiden. Das ist die DMZ.
Die etwa 907 km² umfassende innerkoreanische Grenzzone ist mit hohen Stacheldrahtverhauen bewehrt, die auf beiden Seiten von Soldaten patrouilliert werden. Da es sich um eine „entmilitarisierte“ Zone handelt, sind militärische Aktivitäten eigentlich verboten, nichtsdestoweniger ist dieses hochverminte Gebiet der einzige von blutigen Konfrontationen gezeichnete Ort auf der Welt, an dem das gefährliche, vom Kalten Krieg hinterlassene Erbe fortbesteht. An der MDL befindet sich ein Areal mit einem Radius von 400 m, das von Truppen aus dem Süden, dem Norden sowie der UNO gemeinsam bewacht wird. Das ist Panmunjeom, offiziell „Joint Security Area“ genannt, ein Gebiet, auf das sich bis heute die Aufmerksamkeit der Welt richtet. Rund 10 km nördlich und südlich der DMZ wurde eine weitere, mit Stacheldraht gesäumte Kontrollzone eingerichtet, um Zivilisten den Zugang zu versperren. Die Grenzlinie, die diese Zone markiert, ist die Zivile Kontrolllinie (CCL: Civilian Control Line). Innerhalb dieser Zone leben gemäß den Vereinbarungen des Waffenstillstandsabkommens in zwei Dörfern rund 200 Zivilisten: in Daeseong-dong im Süden und in Kijong-dong im Norden.
Die DMZ, in der keine Menschen leben, weist in Bezug auf das Aufkommen von Säugetieren und Vögeln die größte Artenvielfalt in Korea auf und ist zugleich ein Habitat für zahlreiche unter Naturschutz stehende sowie vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Anfang Oktober fliegen Tausende von Weißnackenkranichen auf der Flucht vor der Kälte Sibiriens zur nördlich der CCL gelegenen Cheorwon-Ebene, wo sie die auf den Feldern verstreuten Reisähren nach Körnern absuchen. Anfang November kommen dann die Vögel, die vom koreanischen Volk als heiligste betrachtet werden: die Mandschurenkraniche.
Mir, der ich keine Flügel habe, bleibt keine andere Möglichkeit, als Fotos von Zugvogelscharen, die im Grenzstreifen zwischen Nord und Süd überwintern, zu betrachten und dabei von der Wiedervereinigung, die immer noch nicht in Sicht ist, zu träumen, von dem Tag, an dem sich die Zone zwischen dem Stach Drahtverhau in einen friedlichen Öko-Park verwandeln wird.